Ein seltenes Naturphänomen
Die haar- oder watteartigen Eisbildungen, die bei Temperaturen leicht unterhalb 0°C auf morschem und feuchtem Laubholz entstehen können und als „Haareis“ oder „Eiswolle“ bezeichnet werden, sind wissenschaftlich noch nicht befriedigend geklärt. Urheber des zur Haareisbildung führenden Prozesses ist ein im Holzkörper, vor allem in den Holzstrahlen lebendes Myzel eines winteraktiven Pilzes.
Der Pilz baut die in den Holzstrahlen vorhandenen organischen Nährstoffe (Kohlenhydrate, Lipoide) durch einen aeroben Dissimilationsprozess (Zellatmung) ab. Oxydative Endprodukte sind CO2 und H2O. Der Druck des entstehenden CO2-Gases drängt mit dem Oxydationswasser auch im Holz gespeichertes Wasser durch die Holzstrahlkanäle an die Oberfläche. Im ausgestoßenen Wasser befinden sich als ‚Verunreinigung’ unvollständig abgebaute organische Substanzen.
Dank den als Kristallisationskeime wirkenden organischen Molekülen gefriert das Wasser beim Austritt an die Luft schon knapp unterhalb von 0°C! Am Ausgang der Holzstrahlen entstehen „Eishaare“. Wenn der Pilz getötet wird oder wenn die für den Pilz abbaubaren Stoffe aufge-braucht sind, erlischt der Dissimilationsprozess. Es ist dann keine Haareisbildung mehr möglich.
Forschungsbericht Nr. 2008-05-MW 6. September 2008 Universität Bern, Institut für Angewandte Physik Abteilung Mikrowellenphysik, Seite 4